Missionsboot "Paulus"
Erbauer

Erbauer: Gerhard Wicke
Missionsboot Bau des Missionsbootes „Paulus“ in 1:14
Der Bau des Missionsbootes „Bodelschwingh“ hatte mal wieder richtig viel Spaß gemacht und fand mit der Jungfernfahrt am Ika-See in Ingelheim seinen guten Abschluss.
Nun war ich war ich auf der Suche nach einem ähnlich kleinen Boot, diesmal auf dem Nyassa (heute Malawisee). Der Name „Paulus“ taucht in verschiedenen Abhandlungen, Foren und Büchern auf, aber es war nichts darüber zu finden, geschweige denn, an Pläne zu gelangen.
Das Missionsboot gehörte der damaligen Gesellschaft zur Beförderung der Evangelischen Missionen unter den Heiden.
Bereits seit Sommer 2017 war ich auf der Suche nach Unterlagen für dieses Schiffchen, und ich glaubte schon nicht mehr an einen Erfolg, der sich dennoch einstellte.
Daten
Daten | Original | Modell |
Maßstab | 1:1 | 1:14 |
Länge | 12 m | 86 cm |
Breite | 2,74 m | 19,50 cm |
Tiefgang | 0,78 m | 5,50 cm |
Verdrängung | 3,6 kg | |
Motor | 2 Segel + 1 Dampfmaschine 6 PS | 1 Elektromotor |
Etwas Geschichtliches:
In ihrem Brief vom Mai 1892 empfahl sich die Schiffswerft R. Holtz, Harburg für den Bau eines Bootes, welche den Wünschen und Zwecken der Missionsgesellschaft entsprechen würde. An den Kosten für den Bau in Höhe von 8.000 Mark beteiligte sich die Missionsgesellschaft mit 6.000 Mark.
Ursprünglich geplant als 2-Mast-Segler mit Hilfsantrieb, wurde sie jedoch nur mit dem vorderen Mast versehen. Später sollte sich herausstellen, dass die Einzylinder-Hochdruckdampfmaschine als zu schwach für dieses Boot konstruiert war.
Die sieben einzelnen Pontons wurden am 25.03.1894 in Hamburg verladen, und der lange Weg nach Afrika konnte erfolgen. Den Transport in Afrika übernahm die African Lakes Company.
Die Halbinsel Ikombe liegt nord-östlich am Nyassa-See und ist zugleich Hafenort für das der Mission gehörige kleine Dampfboot „Paulus“, das teils dem Personen- und Frachtverkehr auf dem See dient, teils zu Reisepredigten in den Dörfern am Ufer.
Im Juli 1906 erfolgte eine Anfrage von Herrn Boardman von der Transportgesellschaft „Flottilla“ den „Paulus“ auf zwei Jahre zu chartern, da er für den Kauf keine Mittel zur Verfügung hatte. Die Mission war mit einer Charterung einverstanden, mit der Bedingung, dass er unter dem Namen „Vera“ läuft. Am 23.04.1909 wurde die „Vera“ unter Kapitän Boardman durch einen Mastbruch, bei dem auch das Steuerhaus über Bord ging, sehr stark beschädigt. und größere Reparaturarbeiten mussten dann stattgefunden haben.
Im Mai 1913 wurde der „Paulus“ für 1.000 Mark an die Firma Ross-Adam Trading Company in Karonga verkauft und diente dann als Leichter. 1930 soll noch ein Dieselmotor eingebaut worden sein.
Über den weiteren Verbleib ist mir bislang nichts bekannt.
Bau:
Die Risse wurden entsprechend für meinen Maßstab vergrößert. Anhand der Pläne ist ersichtlich, dass die Maschine und der Kessel – wie bei der „Ukerewe“ auch – offen im hinteren Bereich des Bootes liegen, und somit wieder einen Nachbau derselben notwendig machen. Die stehende Einzylinder-Dampfmaschine und der Rohrplan sind im Vergleich zur „Ukerewe“ wirklich einfach gehalten und müssten somit recht gut nachzubauen sein. Ich habe ja nun Erfahrung mit dem Bau von Maschine und Kessel.
Zuerst erfolgte der Bau des Mallgerüstes. Nach dem Straken der Spanten wurde der falsche Kiel mit dem Vorder- und Achtersteven angebracht. Die Mallen erhielten Klebebandstreifen um ein anhaften der Planken zu vermeiden. Dieses Mal bestehen diese aus Gewichtsgründen aus 3x7mm Balsaholzleisten. Die Beplankung erfolgte in gewohnter Art und Weise, und nach einigen Tagen war der Rumpf geschlossen.
Um dem Rumpf mehr Stabilität zu verleihen und eine Auflage für das Deck zu erhalten wurden entsprechend der Öffnungen (Ladeluke, Kajüte, Sitzgruppe und Maschinenraum) Decksspanten und Stringer eingezogen.
Das Deck des „Paulus“ besteht laut Beschreibung der Holtz-Werft aus Riffelblech (damals auch als Waffelblech bezeichnet), was bei den tropischen Temperaturen doch recht ungewöhnlich ist. Das Boot wurde nicht wie bei meinen anderen Kolonial-Modellen mit Holzplanken versehen. Das Riffelblech hatte in dieser Zeit eine Rauten- bzw. Waffelstruktur.
Da ich das Gaffelsegel funktionstüchtig machen wollte, war eine Lösung mit einem Endlosschot (Umlaufschot) am sinnvollsten. Die komplette Technik musste als Ganzes im Rumpfinnern verbaut werden und nach Möglichkeit leicht und wartungsfrei sein.
Die Segelwinde wurde auf ein 8x8mm Alu-U-Profil geschraubt. Die Umlenkrolle mit der Druckfeder entstand ähnlich einem kaufbaren Gabelkopf. Eine Druckfeder hat gegenüber der Zugfeder den Vorteil, dass eine Überdehnung nicht erfolgen kann und dass eine Wegbegrenzung durch die Länge der Feder vorgegeben ist.
Auf einem Montagebrett wurden die Komponenten Mast, Gaffel mit Segel, Holepunkte und die Winde so montiert wie sie später auch im Rumpf verbaut werden sollen. Nach drei Tagen fluchen, fummeln, ändern, ergänzen und verbessern war ich dann mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Im „Windkanal“ (Ventilator) wurde das Umlauf/Endlosschot getestet. Nach Einbau in den Rumpf erfolgte die Bewährungsprobe am See.
Bei mäßigem Wind ging es dann los. Zuerst wurde einmal nur mit dem Motor als Antrieb gefahren um zu sehen wie sich der „Paulus“ auch mit gesetztem Segel verhält. Er nahm gut Fahrt auf und ist recht flott unterwegs. Trotz des Segels krängte er sehr wenig. Dann wurde der Motor ausgeschaltet und es wurde versucht nur mit dem Segel voranzukommen. Relativ langsam nahm er Fahrt auf, stand auch mal still und zeigte wenig Abrieb aufgrund des langen Kiels.
Kommentar von einem Seglerfreund: „Du siehst, dass er Fahrt macht, mehr kannst du nicht erwarten. Es wird also nie ein Regatta-Schiff werden. Ich war aber erst einmal froh, dass der „Paulus“ nicht zu sehr krängte oder sogar kenterte.
Im Großen und Ganzen war ich doch recht zufrieden und zog stolz wie Oskar wieder nach Hause zur Werft.

Missionsboot "Paulus"
Endlich konnte mit den Lackierarbeiten weitergemacht werden.
Nachdem nunmehr der Rumpf soweit durchgetrocknet war, erfolgte das Anbringen des Holzprofils für die Relingstützen, die Wanten- und Stagspanner, die Welle mit Antriebseinheit, sowie das Ruderservo.
Nun kommt mal wieder Holz, mein Lieblingsmaterial. Es gibt dem „Paulus“ auch ein wenig Pepp. Die Verkleidung der Kajüte, das Waschbord um die Sitzecke und des Maschinenraums, die Böden und die Sitzecke wurden aus Birnbaumleisten und Brettchen gefertigt. Lackiert wurde mit dem schon gewährten Clou-Bootslack mit anschließendem Auftrag von matten und halbglänzenden Spraylack.
Dem „Paulus" fehlen nur noch die Maschinenanlage und die Besatzung. sowie einige Kleinteile.
Als erstes wurde der Kessel aus 0,5mm FR-4 gebaut. Danach kamen die Ventile und Verschraubungen der Rohrleitungen an die Reihe.
Der Kreuzkopf der Dampfmaschine wird in zwei seitlich angeschraubten Führungen gehalten. Die Umsteuerung erfolgt mit einem losen Excenter, der sich am Ende der Kurbelwelle befindet. Umgelegt wird dieser mit einem langen Hebel. Seitlich des Zylinders befinden sich noch der Kondensator (Backbord) und die Speisepumpe auf Steuerbord. Nur gut, dass nichts funktionieren muss.
Nach dem Zusammenbau folgten das Verbinden der Rohrleitungen mit dem Kessel und der Einbau in den Schiffsrumpf. Durch den Schornstein des Kessels wird die gesamte Einheit mit einer Inbusschraube befestigt. Die komplette Maschinenanlage benötigte rund sechs Wochen Arbeitszeit.
Es folgten die letzten Einzelheiten. Sechs Ruderdollen, die Ruderpinne, ein Anker mit Kette, Taurollen, seitliche Fender, kleiner Holzvorrat und letztendlich konnte die Besatzung an Bord gehen. Eine letzte Trimmung erfolgte dann noch in der Badewanne.
Taufe:
Der Bau des „Paulus“ hat mir wieder viel Spaß bereitet und endete mit der Taufe. Mögen sich die Leserinnen und Leser anhand der Bilder selbst ein Urteil bilden.
Auf zum nächsten Modell.

Missionsboot "Paulus"

Missionsboot "Paulus"
